Interviju predsjednika IZBA prof. Esad ef. Memic

af365b95d0ca4cdf3f54bb7a3009c3ed„Wer sich isoliert, kann sich nicht entwickeln.“

In Kärnten leben etwa 20.000 Menschen muslimischen Glaubens. Die Bosniaken unter ihnen bilden die größte muslimische Gemeinde. Esad Memic ist als Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinschaft in Klagenfurt für alle Kärntner Muslime zuständig. Mit Zaman sprach er über seinen Aufgabenbereich, über die Entwicklung des interreligiösen Dialogs im südlichsten österreichischen Bundesland und über gelungene Integration.

Herr Memic, Sie sind gebürtiger Bosnier und seit 1994 in Kärnten. Was bedeutet Imam-Sein für Sie hier?

Imam-Sein ist das, was ich aus Liebe ausübe. Das erlebe ich als eine Mission, deshalb übe ich diese Tätigkeit auch ehrenamtlich aus. Bei den Menschen zu sein – mit ihren Freuden, Sorgen, mit ihrer Trauer – und an ihrem Alltag teilzuhaben, das haltet mich am Boden. So verliere ich nicht die Bindung zu den Menschen.

Wie sieht ihr Arbeitstag aus?

Meine Arbeit ist sehr bunt. Ich bin sehr oft in ganz Österreich unterwegs: Seminare, Eröffnungen, Widmungen,… Ich habe Erfahrung im Vereinswesen und helfe, wo ich kann. International halte ich die Verbindung mit Muslimen in Slowenien, Kroatien, Bosnien und in letzter Zeit auch mit deutschen Muslimen und in der Schweiz. Mein Arbeitstag beginnt mit einem Gebet, danach Kaffee und Computer, und dann: viele Telefonate, viele Mails, viele Briefe. Ich kommuniziere sehr viel mit Menschen. Manchmal muss ich zu Schulen fahren, zu Behörden, zu Institutionen wie der Regierung oder treffe mich mit Vertretern von Kirchen. Es ist sehr bunt, intensiv und man braucht sehr viel Energie. Bis jetzt habe ich es geschafft – Gott sei Dank.

Herr Memic, wie leben Muslime in Österreich?

Als Muslime haben wir keine Schwierigkeiten in diesem Land. In Kärnten als auch in Österreich geht es uns Muslimen sehr gut. Diese Sicherheit, den Rechtsstaat, die Gerechtigkeit, Pluralismus, Religionsfreiheit, gute Ausbildungsmöglichkeiten, Arbeitsplätze, das alles müssen wir schätzen und loyal sein zu diesem Land, dieser Gesellschaft. In diese Richtung arbeite ich auch.

Wie gestalten sich die Kontakte der Bosniaken in Kärnten zu anderen muslimischen Gemeinschaften in Kärnten?

Ich bin zuständig für alle Muslime in Kärnten. Wir Bosniaken haben sehr gute Kontakte zu Türken und Albanern. Arabische Muslime in Kärnten – die meisten von ihnen kommen aus Ägypten und Marokko – gibt es nicht viele, sie sind nur in zwei Vereinen organisiert. In der Verfassung der islamischen Glaubensgemeinschaft Österreichs ist festgeschrieben, dass keine ethnische Gruppe in einem Gremium mehr als die Hälfte ausmachen darf. Das zieht sich durch alle Ebenen, von der höchsten angefangen. In allen Gremien sind Vertreter aller muslimischer Gruppen. Wir Kärntner Muslime wünschen uns, dass wir eine homogene Gruppe sind. Mein Ziel ist es auch, dass die unterschiedlichen muslimischen Vereine in Kärnten gemeinsame Veranstaltungen machen. Dahingehend sind wir auf einem guten Weg.

Sie haben sehr gute Kontakte mit der katholischen Kirche und der evangelischen Kirche hier in Kärnten. Was wünschen Sie sich für den interreligiösen Dialog in Kärnten?

Momentan ist der interreligiöse Dialog auf einem sehr guten Niveau. Alles funktioniert sehr gut. Die muslimischen Frauen treffen sich mit katholischen und evangelischen Frauen. Was mich auch sehr freut, ist, dass die muslimische Jugend die katholische und evangelische besucht. Auf höchster Ebene haben wir interreligiöse Begegnungen. Kürzlich sind Bischof, Superintendent und ich gemeinsam aufgetreten. Wir bieten auch gemeinsame Fortbildungsseminare für muslimische, katholische und evangelische Religionslehrer an. Und als wir keine Räumlichkeiten haben, hat uns die Katholisch-pädagogische Hochschule ausgeholfen, wofür ich mich herzlich bedanke. Jetzt haben wir keinen Raumbedarf mehr, wir haben uns organisiert.

… weil sie dieses Zentrum hier in Villach errichtet haben?

Ich spreche nicht nur von diesem Zentrum. Wir haben drei Zentren in Villach, in Spittal, in Wolfsberg, und auch anderswo versuchen wir Zentren zu errichten. Das alles ist mittels Privatspenden einfacher Menschen entstanden. Jetzt ist die Zeit da, wo wir Früchte tragen können. Viele Kärntner Muslime sind aus Balkan-Ländern gekommen, waren Kriegsflüchtlinge. Sie hatten nichts, kein Visum, keine Arbeitsbewilligung, keine Arbeit. Sie brauchten Zeit, sich zu akklimatisieren, sich zu integrieren. Jetzt, zwanzig Jahre später, haben die Leute gute Jobs, die Kinder erhalten Ausbildung, haben diese bürokratischen Hindernisse nicht mehr. Die Leute haben Häuser gebaut und haben nun auch Bedarf an schönen Gebetshäusern und muslimische Zentren.

Religiöse Beheimatung hängt also zusammen mit dem finanziellen Status?

Auch der ökonomische Status spielt eine Rolle für einen gläubigen Menschen. Unser Prophet Mohammad hat gesagt: „Armut und Ungläubigkeit trennt eine ganz, ganz kleine Linie.“ Das heißt, wenn man schon Sicherheit hat, sich wohlfühlt, Gleichheit hat und Freiheit, soziale Sicherheit, medizinische Versorgung und Zeit, denkt man klarer. Da gibt es eine Verbindung: nicht hundertprozentig, aber es gibt sie.

Bemerken Sie das auch, wenn Sie mit den Menschen sprechen?

Ja, aber noch ein anderer Aspekt spielt hier eine Rolle: Die Menschen sind länger hier, haben sich entschieden, hier weiterzuleben. Viele haben sich anfangs gedacht, sie kommen nach zwei, drei Jahren wieder nach Hause oder dass der Krieg vorbei gehen würde. Der Krieg war aus, aber die Häuser waren zerstört und es gab keine Jobs. Die Kinder sind hier geboren und aufgewachsen, Kärnten ist ihre Heimat; sie denken nicht daran, woanders zu leben. Für sie wird es schwierig, in der ursprünglichen Heimat ihrer Eltern etwas zu erreichen – schwieriger als hier in Österreich.

Meine Beobachtung als Vorsitzender der bosnischen Vereine Österreichs ist,

wenn wir uns entwickeln wollen, müssen sich alle unsere Vereine öffnen. Man soll sich nicht verstecken, man darf sich nicht isolieren! Ein Verein oder eine Gemeinde ist wie ein Mensch: Wenn man sich isoliert, kann man sich nicht entwickeln. Ein Mensch kann auch nicht isoliert leben, er kann nicht richtig ticken, nicht funktionieren, wenn er isoliert lebt. Den bosnischen Vereinen wünsche ich, dass sie sich öffnen, Kontakte aufnehmen mit Behörden, Kirchen, anderen Vereinen, viel veranstalten, mit anderen Frauengruppen und Jugendgruppen zusammenarbeiten, sich zeigen, sich präsentieren. Dann erst kann man über richtige Integration, von Partizipation reden.

Was ist Voraussetzung für diese Öffnung?

Eine wichtige Rolle spielt dabei eine gute Infrastruktur. Wenn man Moscheen nur in Garagen und Hinterhöfen hat, schämt man sich. Wenn man nichts zu zeigen hat, verschließt man sich. Man hat zwar Platz zum Gebet, aber damit man sich zeigen und präsentieren kann, damit man sich weiterzuentwickeln kann, braucht man gute Infrastruktur. Und wir müssen uns zeigen, damit wir Vorurteile abgebaut werden können.

Wünschen Sie sich für Kärnten eine Moschee mit Minarett?

Ich will in Kärnten keine Telfs-Moschee. Ich wünsche mir ein monumentales Gebäude, das in die Landschaft passt. Was wichtiger ist als ein Minarett, ist, der Jugend gute Ausbildung zu ermöglichen, sich in die Gesellschaft richtig zu integrieren und loyal zu diesem Land und der Gesellschaft zu sein. Dann werden wir keine Schwierigkeiten haben.

Esad Memic wurde 1974 in Bosnien geboren. Der Quran faszinierte ihn schon als Kind. Er studierte an der Islamisch-Theologischen Fachschule und an der Islamisch-Pädagogischen Fakultät in Bosnien. Seit 1995 ist er Imam in Kärnten, seit 1998 Religionslehrer und seit 2005 Fachinspektor für den Islamischen Religionsunterricht in Kärnten und Vorsitzender der bosnischen Vereine in Österreich. Als Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinschaft Klagenfurt für das Bundesland Kärnten ist Esad Memic auch verantwortlich für alle Kärntner Musliminnen und Muslime.

(www.izba.at)

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